Die Reise
des Kunden ...

... ins nächste Jahrzehnt

Das größte Potenzial in der Anwendung der berühmten “Customer Journey” liegt nicht darin, eine idealtypische Kundenreise nachzuzeichnen. Denn, den “typischen” Kunden gibt es nicht. Vielmehr liegt die Chance darin, den Kundennutzen als Denkhaltung im Unternehmen und vor allem bei allen Mitarbeitern, zu verankern.

Wir müssen endlich den Mut haben, die traditionell immer so hochgehaltenen Zielgrößen wie Umsatz, der Besuch des Kunden oder den Abschluss im Verkaufsgespräch, als Konsequenz der Denkhaltung aller Mitarbeiter im Unternehmen, zu betrachten.

Denn je stärker finanzielle Zielgrößen im Fokus stehen, desto mehr wird der Blick weg vom Kunden hin zum schnellen Verkauf gelenkt. Die Frage lautet dann nicht mehr “Wie kann ich den Kunden zum langfristig zufriedenen Stammkunden machen?“, sondern eher “Wie kann ich den Einkauf des Kunden erhöhen?”, oder “Mit welchen Produkten erzielt der Kunden eine höhere Spanne für mich?”, oder “Mit welchem Kunden mache ich den meisten Umsatz?”

Die Beantwortung dieser Fragen führen zu einer Steigerung der Zielgrößen. Aber: Mehr und langfristige Loyalität des Kunden erreichen wir damit nicht. Im Laufe der Jahre hat sich die Reise des Kunden und damit auch die Denkensweise der Verkäufer vom reinen Produktfokus über den Verkaufs-, Markt-, Wettbewerbs- und Umweltfokus, hin zum Beziehungsfokus (CRM) gewandelt.

Deshalb lautet die kundenfokussierte Frage heute immer noch: “Wie kann ich meinen Kunden bestmöglich dienen?”

Doch die Reise des Kunden geht weiter!
Service und Dienstleistung machen in der heutigen Wirtschaft den Unterschied. Die Märkte sind weitgehend gesättigt – jeder von uns kennt Produkte, die anderen zum Verwechseln ähnlich sind. Nie war es so leicht, Angebote im Internet zu vergleichen und Dienstleister bzw. Anbieter zu wechseln, denn emotionale oder rationale Bindung an bestimmte Unternehmen und Marken bestehen heute immer weniger. Gerade bei jungen Menschen. Wirklich differenzieren können sich Unternehmen heute nur noch durch Service-Ökosysteme, die das Nutzen von Produkten oder Dienstleistungen zu einem rundum zufrieden stellenden Ergebnis machen.

Erfolgsversprechend ist es dabei, die Kundenreise für die Zukunft, im Kopf der Vertriebsmitarbeiter im Unternehmen so zu gestalten, dass die Bedürfnis- und Serviceorientierung des Kunden, mit der Digitalisierung ideal verknüpft wird.

UX / Service Design geht mit einer bestimmten Denkweise und einem dazugehörigen Methodenkoffer einher. Mit der Verlagerung von Dienstleistungen in die Beziehung zwischen Mensch und Maschine kommen auch zunehmend neue Prozesse und Methoden im Verkauf zur Anwendung.

Airbnb, Uber, Netflix, Spotify: Sie sind die Überflieger der Sharing- und Streaming-Economy. Und sie machen deutlich, wie allgegenwärtig verlässliche und intuitiv bedienbare Services heute sind. Dabei geht es nicht nur um die Bedienbarkeit von Webseiten und mobilen Apps, sondern um das gesamte System dahinter, das die Abläufe im Unternehmen genauso umfasst wie sämtliche persönlichen und automatisierten Kontaktpunkte mit den Kunden. Erfolgreiche Verkäufer von morgen betrachten den kompletten Prozess einer Dienstleistung und gestalten ihre eigenen Handlungsweisen so reibungslos und konsistent wie nur möglich.

Gerade diese Handlungsweisen müssen bei den Verkäufern aber durch Schulungen entwickelt und dann verinnerlicht werden. Dafür und ganz besonders auch für das notwendige, intensive “Social Selling” der Zukunft, ist ein umfassendes Training aller Vertriebsmitarbeiter (Innen- wie Außendienst) in der digitalen Transformation notwendig.

Kundenzentrierung und Business Ecosysteme stehen bereits ante portas auf der Kundenreise in die Zukunft.

Häufig wird die Kundenzentrierung nur als „konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf die Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Kunden“ gesehen. Dies ist aber nicht ganz richtig. Denn Kundenzentrierung hat auch die Kundenbeziehung an sich im Fokus. Die Beziehung zu den Kunden ist – wie viele erfolgreiche Plattformunternehmen zeigen – häufig viel wichtiger als das Produkt selbst. Unternehmen und Verkäufer, die sich nur an ihre Produkte klammern, werden früher oder später von Mitbewerbern, die Kundenbeziehungen zum Kern ihres Geschäftsmodells machen, überholt.

Ein Business Ecosystem im wirtschaftlichen Sinn beschreibt einen Verbund von Unternehmen (typischerweise drei bis fünf), die durch einen Dirigenten auf eine gemeinsame Wertschöpfung und Erfolge ausgerichtet wird. Dabei übersteigt die Leistung des gesamten Ecosystems aus Sicht der Kunden die Summe der Einzelbeiträge aller Beteiligten. Eins und Eins ist eben mehr als Zwei.

Dadurch, dass Business Ecosysteme Stärken aus verschiedenen Wertschöpfungsstufen miteinander verbinden können, profitieren Kunden insgesamt von besseren Produkten und Servicedienstleistungen. Entweder in dem statt einer einzelnen Leistung von einem Verkäufer, ein gesamtes Leistungsbündel durch den neuartigen Verbund angeboten wird. Oder in dem ein einzelner Schritt der Kundenreise so perfekt abgebildet wird, weil dieser, besser als es durch eine Firma der Fall wäre, durch einen Zugriff auf neue Kompetenzen, vom Business Ecosystem erfolgt.

In jedem Business Ecosystem bewegen sich natürlich nicht nur Ideen und Güter, sondern vor allem auch Menschen. Deshalb müssen in Zukunft neue Arbeitsweisen gestaltet werden. Die Bedeutung des festangestellten Mitarbeiters, auch des klass. Verkäufers, verblasst bzw. ändert sich dramatisch. So werden z. B. laut Prognosen im Jahr 2028, ca. 58 Prozent der Arbeitnehmer nur mehr als Freelancer tätig sein.

Wie wir sehen kommt noch viel Neues auf den Vertrieb zu. Der Zug der digitalen Transformation hat aber bereits erheblich Fahrt aufgenommen!

Autor Mag. Hans Bachinger – Geschäftsführer und Vergütungsberater der Menschen im Vertrieb Beratungsgesellschaft mbH

 

In diesem Artikel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei jedoch ausdrücklich mitgemeint.

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